Vibe-Concept: Mit den richtigen Argumenten punkten!

Argumente statt Blindtext

Grafik: Infound


Überzeugen statt mit Allgemeinplätzen langweilen – wie schafft man das? Die Antwort darauf ist einfach und auch wieder nicht: Entscheidend ist, die richtigen Trigger zu finden, die zum Kauf oder zu einer anderen Ja-Entscheidung motivieren.
VIBE: Vier Türöffner zum Ja
Im meiner Arbeit habe ich dazu das VIBE-Concept entwickelt. Der Begriff VIBE bedeutet im Englischen Atmosphäre oder Schwingung. Er steht für die aktivierenden Verben Versichern, Informieren, Begeistern und Entdecken.

  1. Versichern Sie Ihrem Publikum, dass Ihr Angebot das richtige ist, weil damit alles in bester Ordnung ist und sich Ihre Leistung seit langem bewährt. Liefern Sie Qualitätsbeweise oder appellieren Sie an das Sicherheitsbedürfnis.
  2. Informieren Sie mit interessanten Inhalten, lassen Sie beeindruckende Fakten Beweise liefern  und unterstreichen Sie mit Zahlen Ihre Stärken.
  3. Begeistern Sie für Ihr Angebot: Präsentieren Sie Ihre Leistung von einer sympathischen, persönlichen Seite und lassen Sie Emotionen oder den Faktor Erlebnis zum Zug kommen.
  4. Entdecken spricht den Pioniergeist in uns an: Präsentieren Sie Ihr Angebot als Novum, feiern Sie eine Premiere oder lassen Sie Neues erkunden.

Meine Erfahrung ist: Diese vier Türöffner liefern die entscheidenden Argumente und die richtige Stimmung für ein Ja zu einem Angebot. Die vier VIBEs stehen für die zentralen Bedürfnisse, die uns bei Entscheidungen leiten. Sie sind daher eine wesentliche Leitlinie meiner Arbeit geworden – bei Texten genauso wie bei Konzepten.
 

Ist die Zukunft des Storytellings interaktiv?

Interaktives Storytelling

Grafik: Infound


Die Euphorie rund um Social Media lässt uns glauben, dass wir Geschichten heute vor allem interaktiv erzählen: Unternehmen initiieren einen Dialog im Web, die User-Community führt ihn fort. Dabei ist das Teilen auf Facebook gar kein so neues Phänomen: Geschichten lebten immer schon davon, weitererzählt zu werden. Social Media haben hier primär die Verteilungswege erweitert.
Ein Blick zurück zeigt: Jede neue Technologie verändert auf eine besondere Weise, wie wir kommunizieren – dies haben zuvor auch Buchdruck, Telegraf, Presse und Rundfunk getan.
Das Involvement bei den digitalen Kanälen von heute ist allerdings ein ganz anderes als im persönlichen Kontakt. Das zeigt sich ganz klar daran, dass wir Formaten wie YouTube und Facebook deutlich weniger unser Zeit und unserer Aufmerksamkeit schenken. Filme auf YouTube werden vor allem dann angesehen, wenn sie kurz sind, und auch auf Facebook punkten vor allem  Bilder und kurze Statusmeldungen.
Social Media durchbrechen das Narrativ
Interaktives Storytelling folgt oft dem klassischen Spannungsbogen mit Einleitung, Höhepunkt und Schluss nicht. Es erwartet von uns Aktivität: Wir treffen permanent Entscheidungen, wo wir klicken, und flugs landen wir schon bei einem anderen Thema, auf einer anderen Website.
Geschichten im Web entwickeln sich oft spontan und haben selten ein klares Ende. Sie wirken eher wie Fragmente, das Gesamtbild ergibt sich aus vielen einzelnen Mosaikteilen, die sich auch widersprechen. Damit ziehen uns interaktiv erzählte Geschichten aber auch weit weniger in den Bann, sie berühren nicht so emotional.
Ganz anders sind die Geschichten, die uns das Kino erzählt – oder, die wir vertraulich von Mensch zu Mensch erzählt bekommen. Im persönlichen Gespräch nehmen wir neben dem Inhalt eine Vielzahl anderer Botschaften auf – die Gestik und Mimik, den Tonfall, der vielleicht ironisch ist. Wir schauen der anderen Person in die Augen und schätzen aufgrund vieler Faktoren ab: Ist das authentisch und wahr, was ich hier höre?
Neue Königsdisziplin Scrollytelling?
Bei aller Begeisterung über interaktives Storytelling tut daher etwas Nüchternheit gut: Ja, es schafft neue Wege der Kommunikation. Aber wir werden auch die vielen anderen Wege weiterhin gerne wählen. Einfach weil uns die Geschichte eines Freundes bis ins Tiefste packt und wir gerne beim Lesen eines Buches in eine andere Welt versinken wollen.
 
> Mehr dazu
Das Paradebeispiel für interaktives Storytelling: Snow Fall (New York Times)
Und das aktuelle Beispiel: Brasilien-Dossier zur Fußball-WM (Kurier)
In vier Schritten zum erfolgreichen Storytelling (akademie.de)
Storytelling-Plattform Storydriver

E-Mail: Fluch eines Kommunikations-Tools

Vor einigen Jahren hielt ich bei einer IBM-Veranstaltung einen Slot zum Thema E-Mailen. Zur Veranschaulichung der E-Mail-Flut bastelte ich damals eine Inbox mit mehr als 5 Mio. E-Mails. Einige Jahre später mag diese Zahl immer noch hoch sein, aber die Dimension hat sich doch in diese Richtung verschoben. Spam-Filter und Löschen von Newslettern helfen oft nicht wirklich, auch Rundmails und CC-Nachrichten füllen die Mailbox, dazwischen geht schon mal ein dringendes Thema unter.
Übervolle E-MailboxDeath by E-Mail
Manche Organisationen möchten sich heute von E-Mails überhaupt verabschieden, bei anderen werden keine E-Mails nach 18 Uhr zugestellt. Brauchen wir das, hilft das überhaupt?
E-Mail ist der Brief von heute – aber kein Chat
Sinnvoll ist, sich an die eigentliche Funktion eines E-Mails zu erinnern – im Kern ist es der Brief von heute. Für einen Brief haben wir uns früher Zeit genommen. Es erforderte auch einige Zeit, ihn auf einer Schreibmaschine oder sogar per Hand zu schreiben. Diese Sorgfalt schadet auch bei einem E-Mail nicht: Also, ein Anliegen zunächst zu bearbeiten und dann ein überlegtes E-Mail dazu verfassen – prägnant und nur zu einem Thema.
E-Mails eignen sich jedoch gar nicht zum Chatten oder um ein Thema zwischen mehreren Personen abzustimmen. Wir alle kennen ausufernde E-Mail-Schlangen, bei denen sich ein schlüssiger Verlauf kaum mehr ermitteln lässt. Für solche Themen sollten wir andere Tools verwenden – wie Doodle oder Chats bei Facebook & Co. Oder einfach zum Telefonhörer greifen und den anderen anrufen.
Ohnehin ist die E-Mail-Flut primär ein B2B-Thema. Im B2C-Bereich verlieren E-Mails immer mehr an Bedeutung – viele (junge) Menschen tauschen sich praktisch nur noch über Whats App oder Facebook aus.

> Mehr Information
Schon bald ein Klassiker zum Thema: E-Mail-Flut statt Büffeljagd

Storytelling – eine Haltung, keine Aktion

Dieser Beitrag ist Teil der Blogparade “Are we all storytellers?” Storytelling in neuen Kontexten.

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Seit Jahren hören wir von Storytelling, nun wollen es alle tun und sitzen dabei gleich einem doppelten Fehler auf. Denn Storytelling ist weniger eine Marketingaktion, sondern vielmehr eine Haltung. Beim Kommunikationsplan für 2013 rasch noch ein Storytelling-Projekt hinzuzufügen, heißt daher tatsächlich sich von einem Buzzword blenden lassen.

Gute Geschichten berühren am Lagerfeuer wie bei Facebook
Das führt mich zum Zweiten: Wer sich gestern auf Facebook stürzte und heute mit Storytelling das nächste Top-Thema am Horizont heraufziehen sieht, hetzt einem Trend nach dem anderen hinterher und versäumt dabei, Storytelling im Kontext der eigenen Kommunikations-Strategie zu entwickeln. Nur in diesem Setting kann es allerdings seinen Wert ausspielen.
Die Kraft von Geschichten gilt unabhängig momentaner Buzzwords. Wir lieben das Erzählen seit Urzeiten – und damit hat ein gängiger Vorwurf in dieser Hinsicht seine Berechtigung: Ja, Storytelling Ist durchaus alter Wein in neuen Schläuchen. Aber genau das ist der Kern der Sache: Gute Geschichten haben Menschen schon immer unmittelbar berührt. Wir erinnern uns an selbst Erlebtes oder versetzen uns mitten hinein in eine Situation.
Storytelling, das auf den Punkt kommt
Und doch funktioniert das Storytelling von heute anders. Für ausufernde Geschichten bringen wir nur selten die Geduld auf. Wer möchte sich noch wirklich 1001 Geschichten anhören? Erzähltes, das uns heute begeistern soll, kommt direkt zum Punkt. Inmitten all der Reize muss uns ein Inhalt rasch erreichen. Für ein YouTube-Video nehmen wir uns selten mehr als 1 – 2 Minuten Zeit. Auch Statusmeldungen bei Facebook werden lieber in aller Kürze gelesen. Und für einen Tweet liegt die Latte gar nur bei 140 Zeichen.
Auch bei Präsentationen werden wir bald ungeduldig, vor allem wenn uns eine vollgepackte Folie nach der anderen überflutet. Maximal 10 Folien und nicht mehr als 20 Minuten sind daher eine sinnvolle Grenze, vor allem wenn ein Slot auf den anderen folgt. Doch dann, mitten in einem Präsentations-Marathon steigt plötzlich die Aufmerksamkeit: Denn da spricht jemand, der ganz ohne Bullet-Points einfach erzählt: eine Geschichte, die alle in den Bann zieht. Und wenn kurz darauf die aufwendig gestalteten Präsentationen schon wieder vergessen sind, bleibt dieser eine Slot doch in Erinnerung. Gut erzählte Geschichten treffen mitten ins Herz und bleiben dort.

Imagefolder, Web-Relaunch und die Story dahinter

Wer kennt nicht das Eisberg-Modell? Auch wenn es schon reichlich strapaziert wurde, beschreibt es doch brauchbar, wie sich hinter einem klar abgegrenzten Thema ein weit größeres auftun kann. Imagefolder sind (oder eher waren) ein gutes Beispiel dafür: eigentlich ein überschaubares Projekt, das aber oft viel weitreichendere Fragen zur Positionierung nach sich zieht.
Ganz ähnlich ist es heute bei Corporate-Websites. Aktuell habe ich das beim Relaunch meiner eigenen Agentur-Website erlebt. In den letzten Jahren hatten sich meine Prioritäten primär zu Kooperationen, Social Media, Blog & Co. verschoben, mit der „regulären“ Website hatte ich mich ehrlicherweise schon lange nicht mehr beschäftigt.
Web-Relaunch: Positionierung zu Social Media & Co.
Daher ergaben sich schnell einige grundsätzliche Fragen: Was definiere ich heute als meine zentralen Geschäftsfelder, die ich auf der Website vorstellen möchte? Wie sieht meine Mobile-Position aus? Und welche Social Media werden heute und künftig wichtig sein, welche möchte ich vorranging aktiv ntuzen?
Der Relaunch der Agentur-Website hat damit einige Zeit länger gedauert als gedacht, war aber ein guter Anstoß, sich mit ohnehin wichtigen strategischen Fragen zu beschäftigen. Das Ergebnis aller Überlegungen wird bald zu sehen sein, wenn meine neue Website online geht.

Content-Marketing: von Paid zu Owned Media

McKinsey und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) untersuchen in einer Studie Perspektiven in der digitalen Medienlandschaft von heute. Das gemeinsame Papier geht bis 2015 von einem minimalen Zuwachs bei der klassischen Werbung (Paid Media) aus, was die Verleger nicht unbedingt erfreuen dürfte. Zugleich werden aber deutliche Steigerungen bei Owned Media prognostiziert: Die Ausgaben für Direktmarketing, Coporate Publishing, Social Media etc. sollen bis 2015 von 36,8 auf 41,3 Mrd. Euro zulegen.
Narrative Markenführung im Web
Social Media sind für diese Entwicklung ein wesentlicher Treiber: Die vielen neuen Plattformen ermöglichen neue Formen des Dialogs mit Kundinnen und Kunden und noch mehr als sonst im Web gilt hier: Gefragt sind unterhaltsame oder informative Inhalte, aber keine Werbesprache. Das schafft einen neuen Bedarf an gutem Content, an effizienten Workflows und erstklassigen technischen Lösungen.
Aktuell wird die Inszenierung des Strato-Sprungs von Red Bull hierfür immer wieder als Musterbeispiel genannt, interessant ist aber auch ein Blick auf die Wahlkampagne von Obama. Big Data war hier ein Kernthema. Bereits weit im Vorfeld wurde eine zentrale Direktmarketing-Plattform realisiert, die während des gesamten Wahlkampfs alle eingehenden Daten konsolidierte und so auch zu einer erstklassigen Informatiaonsquelle zu Wählereinstellungen wurde.
Bei „The Time“ war dazu folgender Kommentar zu lesen: „That data-driven decisionmaking played a huge role in creating a second term for the 44th President and will be one of the more closely studied elements of the 2012 cycle. It’s another sign that the role of the campaign pros in Washington who make decisions on hunches and experience is rapidly dwindling, being replaced by the work of quants and computer coders who can crack massive data sets for insight. As one official put it, the time of “guys sitting in a back room smoking cigars, saying ‘We always buy 60 Minutes’” is over. In politics, the era of big data has arrived.“
> Mehr dazu
Studie von Mc Kinsey und VDZ
The Time zur Obama-Wahlkampagne

Das Web – ein Wortmedium

Das Trend-Thema Bewegtbild mag davon ablenken, aber tatsächlich ist das Web ein textorientiertes Medium. Niemand hat das besser verstanden als Google – mit einer Suchseite frei von optischem Aufputz und vor allem mit den Google AdWords. Der Erfolg dieser reinen Textanzeigen lässt Banner-Kampagnen weit hinter sich.
Auch die Eyetracking-Studien des Poynter-Institutes belegen, dass eine Headline  oft der erste Blickfang auf einer Website ist, noch vor einem Bild. Gerade für Marketing-Profis ist das oft schwer zu glauben. Die Prägung durch das traditionelle Verständnis der Print- und TV-Werbung ist so stark, dass sie stark in die Online-Welt hineinwirkt.
Grafische Elemente haben den Vorteil, dass sie mit wenigen Fixationen erfasst werden. Dennoch werden im Web weniger als die Hälfte der angebotenen Bilder auch angesehen, schreiben Jakob Nielsen und Kara Pernice in ihrem Buch „Eyetracking Web Usability“. Screen-Auswertungen mit der Augenkamera zeigen darin sehr eindrucksvoll, wie Besucher  einem Hindernisrennen gleich mit ihren Blicken um die Fotos herum auf einer Website navigieren. Zu oft haben die Bilder für den User keinen Wert: Gerade bei kleineren Fotos braucht es zu viel Aufwand, den tatsächlichen Inhalt zu entschlüsseln. Typische generische Stock-Fotos wie eines Mannes vor dem Computer oder einer freundlichen Frau mit dem Headset werden daher komplett ignoriert.
Aber es gibt auch Fotos, die Aufmerksamkeit finden:

  • Ungewohnte oder inhaltlich interessante Motive
  • Bilder, die in direktem Konnex zum Inhalt stehen (das ist bei Printmedien nicht viel anders, war bei K2 schon zu lesen)
  • Vor allem aber Bilder, die qualitativ hochwertig sind, ein eindeutiges Thema haben  und einen hohen Kontrast aufweisen.

Meist ist ein gutes Foto in richtiger Größe besser als mehrere kleine und mittelmäßige. Soweit einige Ergebnisse aus dem neuen Buch von Nielsen und Pernice.
Ähnlich ist auch die Einschätzung von Web-Consultant Gerry Mc Govern. Seiner Meinung nach vermitteln viele Bilder auf einem Screen dem Besucher den Eindruck einer Anzeige, er will auf einer Website aber  Information und nicht Werbung finden. Immer wieder zeigt sich bei Website-Projekten von Gerry Mc Govern, dass Werbebilder schlichtweg übersehen werden. So gab es auf einer Website einen Bildbanner zu einem Angebot, der 40 % des Platzes ausmachte. Zum selben Service gab es nach mehrmaligem Scrollen einen Textlink, der allerdings weit häufiger angeklickt wurde. Für die Besucher war es der schnellere Weg, weil der Banner länger zum vollen Download brauchte.
Gerry Mc Govern ist daher so etwas wie ein Prediger für guten Text auf Websites. Das heißt für ihn: Qualitätstexte so knapp wie möglich. In seinem neuen Buch The Stranger’s Long Neck“ schreibt er: „We are now told that content will be created for free by a bunch of enthusiastic amateurs. In certain cases this is true, in other cases not. It’s hard to see a bunch of enthusiastic amateurs producing animation fi lms of the same quality as Pixar’s“. Das Ergebnis im Web sind oft Seiten mit unrelevantem und ausuferndem Text, der es dem Besucher schwierig macht, die gewünschte Information zu finden: „Quality content does not increase just because you increase the amount of content created. It just becomes harder to find.“ Jeder hinzugefügte Inhalt beeinflusst die Qualität der Navigation, die Qualität der Suche und erhöht den Aufwand für das Content Management.
Tatsächlich kommt es im Web auf jedes einzelne Wort an, zumindest bei den Headlines. Die bereits erwähnten Eyetracking Studien von Pointer zeigen, dass Besucher die Headlines von links beginnend überfliegen. Wenn die ersten Begriffe einer Überschrift Interesse wecken, dann wird weitergelesen. Die ersten Wörter müssen richtige Eye-Catcher sein – „Sharp Headline Writing“ ist für das Poynter Institute daher entscheidend. Das gilt auch für die typischen Anreißer von News-Meldungen oder Intro-Absätze:  Heatmaps zeigen, dass primär das linke Drittel überflogen wird.
> Mehr dazu:
Eyetracking-Studien des Pointer Institute
Headline-Tests von WhichTestWon
Buchauszug von Nielsen und Pernice (PDF)

Das Fahrpersonal und die Tücken des Gender Mainstreaming

‚Während der Fahrt nicht mit dem Fahrpersonal sprechen‚, las ich letztens in einer Straßenbahn. „Das ist wieder typisches Bürokratendeutsch“, dachte ich, ‚warum steht da nicht einfach ‚Fahrer‘?‘ Doch da klingelte es bei mir: Bei den Wiener Linien hatte Gender Mainstreaming Einzug gehalten.
Schon meldeten sich zwei Seelen in mir zu Wort: Einerseits ist eine geschlechtsneutrale Sprache ein echtes Thema. Frauen fühlen sich eben nicht angesprochen , wenn sie bloß „mitgemeint“ sind. Ausreichend Studien belegen, dass rein männliche Formen beispielsweise bei Bewerbungen nachteilige Folgen haben.
Andererseits sollen Texte uns berühren – nichts tut das weniger als derart abstrakte Begriffe. Und so legt mein innerer Text-Profi bei solchen Begriffen wie ‚Fahrpersonal‘ ein Veto ein. In Wirklichkeit sprechen sie niemanden mehr an, weder Frau noch Mann. Das kann nicht die Lösung sein.
Wir stehen bei diesem Thema allerdings nicht mehr am Beginn, sondern sind bereits inmitten eines Prozessen. Ein Blick zurück und ein willkürliches Beispiel mögen zeigen, dass sich bei der Geschlechtersensibilität bereits viel bewegt hat: Ganz selbstverständlich wurde Helene Partik-Pablé 1980 vom Wirtschaftsmagazin trend zum „Mann des Jahres“ gewählt. Erst Heide Schmidt 1993 durfte diesen Titel als „Frau des Jahres“ erringen.
Das gesellschaftliche Grundverständnis hat sich enorm verändert.  Parallel dazu entwickelten sich viele Formen, beide Geschlechter anzusprechen: großes Binnen-I („FahrerIn“) , Schrägstrich („Fahrer/in“), Klammer („Fahrer(in)“) oder die ausführliche Form („Fahrerin und Fahrer“). Und was sagt der Duden zu dieser Entwicklung? Schreibweisen mit Großbuchstaben im Wortinneren sind bei den Sprachwächtern generell verpönt. Klammer und Schrägestrich sind demnach das richtige Mittel der Wahl, wenn man dudengemäß und geschlechtergerecht schreiben möchte.
All diese Formen haben einen Nachteil gemeinsam: Sie sind umständlicher und machen Texte sperriger. Oft wird es daher Sinn machen, eine andere Form zu suchen. Gerade hier sind Text-Profis gefragt. Vielleicht kann ein Satz wie in den Wiener Straßenbahnen ja auch heißen:
Bitte denken Sie daran:
Wer fährt, kann nicht mit den Fahrgästen sprechen.

Es ist ein anderer Weg zur selben Botschaft. Sicher, vieles andere ist möglich und tatsächlich glaube ich, dass uns das Thema Gender Mainstreaming  noch länger beschäftigten wird. Wir werden uns diese neue, geschlechtergerechte Sprache erst erarbeiten. Aber wir sind auf gutem Weg – und die Sprache hat immer noch jene Form gefunden, die von den Menschen ihrer Zeit gefragt war.
Mein erster Schritt wird sein, dass ich dem geschlechtergerechten Schreiben hier auf diesem Blog künftig mehr Aufmerksamkeit schenken werde.
> Mehr Information:
Praktikable Regen für geschlechtergerechtes Formulieren:  Sprachleitfaden des Landes Niederösterreich (PDF)

Der eigenen Kreativität auf der Spur

SummertimeWie entsteht Kreativität? Jeder, der schon frustrierende Brainstorming-Sitzungen erlebt hat, mag seine eigenen diesbezüglichen Fähigkeiten in Zweifel ziehen. Und wollte doch nur mit dem falschen Weg das richtige Ziel erreichen. Denn kaum ein Instrument erweist sich als so wenig tauglich, kreative Prozesse in Gang zu bringen wie Brainstormings.
Warum sie dennoch nach wie vor zum Standard-Repertoire gehören? Weil Brainstormings auch einfach sind. Wer so mit dem Tagesgeschäft blockiert ist, dass keine Zeit bleibt, um von Grund auf Neues zu denken und zu entwickeln, der greift gerne zur wenig anstrengenden Notlösung: Ohne aufwändige Vorbereitung sitzt man einfach zusammen. Was so entsteht, sind Pseudo-Ideen und Aktionismus.
Mehr Heartstormings statt Brainstormings wünscht sich daher Gunter Duenk und stellt sich die Gretchenfragen: „Warum bereiten wir uns nicht vor? Warum arbeiten wir uns nicht vorher in die Problematik ein? Warum bringen wir nicht schon gute Ideen mit? Warum dürfen alle bei neuen Ideen mitmachen? Warum nicht nur die, die so etwas können und am besten ihre Fähigkeiten schon bewiesen haben? (Viele Kochlehrlinge verderben nicht nur den Brei, sie reden nur welchen.) Warum scheiden wir nicht schon vor dem Meeting unsinnige Ideen aus und reden nur über die, die es wert erscheinen?“ Und Kreativitätstrainer Mario Pricken kennt gleich
elf Gründe, die gegen Brainstormings sprechen, von denen hier zwei zitiert seien:
Nummer 1: „Weil die Teilnehmer kein Wissen über den Kreativprozess oder kreative Denkstrategien besitzen und sich stattdessen zu 100 % auf ihre Intuition und Tagesverfassung verlassen müssen.“
Nummer 8: „Weil bereits tausende Menschen tausende Stunden vor Ihnen über das Thema nachgedacht haben. Freies Assoziieren, wie es im Brainstorming erfolgt, produziert meist nur leicht variierte Klischees. Für die Big-Idea sind gut präpariertes Material, tiefgreifendes Wissen und ungewöhnliche Methoden notwendig.“
Wie entstehen also Geistesblitze wirklich? Wie wird man zum kreativen Genie? Journalist und brand eins-Gründer Wolf Lotter gibt dazu eine wenig erfreuliche Bestandsaufnahme: Unser Wertekanon ist primär auf das Reproduzieren von Bestehendem ausgerichtet, Dinge sollen planvoll nach Mustern und Methoden gelöst werden, Abweichungen vom Mittelmaß werden nicht akzeptiert. Zugleich erleben wir heute aber eine entscheidende Entwicklung: Immer mehr Menschen arbeiten in Berufen, in denen Kreativität gefragt ist, Erfolg hat künftig, wer die besten Ideen hat.
Was also tun, wenn Kreativität immer mehr zur allgemeinen Erfolgsformel wird? Mehr Wissen über das Funktionieren kreativer Prozesse tut not. Zentral dabei ist das Konzept des Flow, vom Psychologen Mihaly Csikszentmihalyi: ein Zustand konzentrierter, schöpferischer Aktivität, in dem man völlig in seiner Tätigkeit versunken ist. Abseits jeglichen Zwangs und störender Außenfaktoren finden Aufmerksamkeit und Motivation zu einer produktiven, spielerischen Harmonie zusammen. Jeder hat solche Momente bereits erlebt, in denen er mit Spaß an der Sache etwas Gutes, Erfolgreichs entwickelte – und war damit kreativ.
Was kann man also tun, um solche Momente bewusst zu erreichen? Zunächst sind die Außenfaktoren wesentlich: Ruhe, kein Zwang, eine Umgebung, in der man gut und gerne arbeitet. Und dann gibt es bewährte Wege und Instrumente, die es zu erproben gibt. Denn jeder hat ein Stück weit einen individuellen Zugang, um gute Ideen zu entwickeln.
Dazu fünf Tipps als erste Fährte auf  der Spur zur eigenen Kreativität:

  1. Den Kreativitätstrainer Mario Pricken habe ich bereits erwähnt. Er ist Autor des Standard-Werkes Kribbeln im Kopf, das gleich mehrere sinnvolle Methoden beschreibt.
  2. Malcom Gladwell ist Journalist beim New Yorker und beschäftigt sich in seinen Büchern unter anderem damit, was gute, erfolgreiche Ideen ausmacht.
  3. Die Kreativitätstrainerin Anja Ebertz sagt: “Das Gehirn kann nicht aus Nichts etwas schaffen, ist aber exorbitant gut im Kombinieren. Das Geheimnis der Kreativität ist das flüssige Denken.” Um das in Gang zu setzen, empfiehlt sie einen vierstufigen kreativen Prozess.
  4. Sehr bekannt ist mittlerweile das Konzept des Mind Mapping von Tony Buzan. Um eigene Ideen zu entwickeln, empfiehlt sich das Arbeiten auf einem großen Bogen Papier. Mindmap-Computerprogramme sind primär als Orginisationstool hilfreich.
  5. Gute Anstöße gibt schließlich auch das Buch „Der Weg des Künstlers im Beruf“ von Mark Bryan. Es begleitet als mehrwöchiger Kurs auf eine Entdeckungsreise zur eigenen Kreativität.

Blick ins Buch: Klardeutsch

Über Neuromarketing erschienen in der letzten Zeit viele Bücher. Markus Reiter untersucht in seinem Buch, was wir aus der Gehirnforschung speziell für das Halten von Reden und das Schreiben von Texten lernen können – inklusive so manchem Aha-Effekt: Jeder kennt zum Beispiel das Problem, dass ein Wort auf der Zunge liegt, aber nicht über die Lippen kommen möchte.
Priming – der Wort-Supermarkt im Kopf
Das führt direkt zum wichtigen Thema Primimg: Unser Gehirn speichert Wörter wie einem Supermarkt nach Themen geordnet. Unser Hirn hat es daher leichter, wenn ein Text in einem Wortfeld bleibt. Ebenso gilt: Durch positive Wörter werden positiv besetzte Wortfelder und angenehme Assoziationen aufgerufen. Aber Achtung: Zu viel Priming macht einen Text langweilig. Daher ist in Maßen gefragt, ungewöhnliche Wörter einzustreuen.
Klardeutsch beschäftigt sich auch mit der Konnotation von Wörtern. Es treten hier drei Gegensätze auf: gut gegen böse, schwach gegen stark und aktiv gegen passiv. Diese emotionalen Wertungen erfolgen primär im limbischen Gehirn, der Zugriff auf diese Areale geschieht willkürlich. Die sachliche Bedeutung ist demgegenüber in der linken Hemisphäre des Cortex angesiedelt. Interessant ist auch: Es macht einen Unterschied, wie geläufig ein Wort ist. Selbst gebildete Menschen haben bei seltenen Fachwörtern eine verzögerte Worterkennung.
Konkrete Texte erzeugen Neuronenfeuer
Außerdem zeigt sich, dass konkrete Begriffe deutlich mehr neuronale Aktivitäten erzeugen. Anhäufungen abstrakter Begriffe führen dazu, dass sich Zuhörer schon nach kurzer Zeit nicht mehr an einen Text erinnern können. Sinnvoll sind abstrakte Begriffe, wenn sich Zuhörer bewusst keine Vorstellung machen sollen. So mag es ratsam sein, von toxischen Emissionen anstatt von Giftausstoß zu sprechen. Eines ist jedoch wichtig: Die zentrale Aussage gehört immer in Worte gekleidet, die emotional positiv belegt sind.
Für mich als Texterin findet sich im Buch vieles, was ich bei meiner Arbeit schon des längeren beachte. Erinnern tut aber immer gut, vor allem aber ist es interessant zu erfahren, warum wir Texte und Wörter eben genauso aufnehmen und verarbeiten. Was mitunter zufällig erscheinen mag, folgt in Wirklichkeit klaren Regeln. Schließlich gefällt mir im Buch auch, dass Markus Reiter die Erkenntnisse der Hirnforschung selbst umsetzt – mit einem sehr schlüssigen Aufbau und einer Zusammenstellung der wichtigsten Aussagen je Kapitel.
Markus Reiter. Klardeutsch. Neuro-Rhetorik nicht nur für Manager
Carl Hanser Verlag GmbH & CO. KG, 2. Auflage 2010, 254 Seiten