Österreichs Journalistinnen nutzen Social Media intensiv – Studie zum Journalistinnenkongress

Beim 15. Journalistinnenkongress letzte Woche in Wien fand ich zwei Slots besonders interessant:

  • den Video-Workshop mit Daniela Kraus (forum journalismus und medien wien), Meral Akin-Hecke (Digitalks) und Judith Denkmayr (Digital Affairs) – demnächst auf diesem Blog mehr dazu
  • und die Präsentation der Kongress-Studie zum Thema Social Media

91% nutzen Facebook beruflich
Julia Juster von der Donau Universität Krems untersuchte in ihrer Erhebung, wie Social Media von Journalistinnen in Österreich heute genutzt werden. Insgesamt nahmen 298 Frauen teil – 91 % davon verwenden Facebook bereits beruflich. Die Nutzerinnen sehen positive Effekte wie Inspiration, Kontaktpflege und rasche Recherche-Möglichkeiten, aber ebenso negative wie den zunehmenden Zeit- und Konkurrenzdruck.

Für jene, die Facebook (noch) nicht einsetzen, spielen folgende Faktoren eine wichtige Rolle:  Datenschutz, Glaubwürdigkeit der Quellen, Zeitbedarf, die Freigabe persönlicher Daten und die Präferenz für persönliche Kontakte.
Neben Facebook wird vor allem Twitter (Kontaktpflege!) genutzt. Auf das Einkommen wirkt sich die Verwendung von Social Media allerdings nicht positiv aus.
95 % der Frauen gehen davon aus, dass Social Media künftig noch intensiver beruflich genutzt werden: für Themenfindung, Feedback, Kontakte und Personal PR.
Mehr dazu
Studie: Social Media & Journalistinnen: Bedeutung. Nutzung
Beitrag zur Studie bei Horizont
Nachlese zum Journalistinnenkongress (demnächst)

Verstaatlichung als Ausweg für US-Zeitungen?

Newsroom von Le Figaro (Quelle: Gabju)

Zeitungen wie die New York Times sollten in geförderte Non-Profit-Organisationen verwandelt werden, fordern die beiden Finanzanalysten David Swensen und Michael Schmidt als Lösung für die aktuelle Print-Medienkrise, die die Meinungs- und Pressefreiheit gefährde. In einem Gastkommentar in der New York Times vom 28. Jänner 2009 veranschlagen sie für die New York Times eine jährliche Unterstützung von fünf Milliarden Dollar. Damit haben sie eine Diskussion gestartet, der sich auch Steven Coll, zweifacher Pulitzer-Preisträger und ehemaliger Mitherausgeber der Washington Post, anschließt: Er kalkuliert mit einer jährlichen Förderung von zwei Milliarden Dollar für die Washington Post, berichtet die ORF Futurezone.

Das Thema reicht aber bereits weiter zurück: Die Journalistin Bree Nordenson setzte sich bereits im August 2008 mit den finanziellen Problemen der Print-Medien durch die Konkurrenz des kostenlosen Online-Contents auseinander – und ihre Forderungen waren durchaus ähnlich ungewöhnlich für US-Verhältnisse (auf K2 war darüber zu lesen).
Mehr dazu:
K2: Die Antworten deutscher Verlage auf die Finanzkrise
WebWriting-Magazin: Wie klassiche Medien online mehr Geld verdienen könnten

brand eins über PR: zu Interessen stehen

Den Themen Kommunikation und PR ist die Februar-Ausgabe von brand eins gewidmet. Der Schwerpunkt erfreut zum Intro mit einem Blick in den Papierkorb der Redaktion – da tummeln sich viele abstruse Themen-Angebote . Wie in vielen anderen Medien auch, die darüber immer wieder mal Dampf ablassen.
Das Unangenehme daran: Inmitten dieses ganzen E-Mülls geht so manches brauchbare Thema unter. Einfach, weil man als Journalist genervt ist.  Und mit der Selektion aus dieser Überfülle überfordert ist. Die großen Namen erwischt es dabei natürlich weit seltener als kleinere und unbekanntere Unternehmen. Das und die neue Welt der Social Media machen PR-Arbeit weiterhin recht herausfordernd und spannend.
Gabriele Fischer schreibt im Editorial von brand eins: „Journalisten wollen was rauskriegen, PR-Leute wollen was reindrücken.“ Wolf Lotter widmet unter dem Titel „Propaganda“ genau dem einen ausführlichen Essay.
Darin fordert er die Public Relations dazu auf, sich von hübsch ethisch ausgestalteten Kodices und ihren Ansprüchen nach „Objektivität“, „Authentizität“ und „Wahrhaftigkeit“ zu verabschieden: „Klartext wird gebraucht, also jene PR, die nicht so tut, als sei sie allem und jedem verpflichtet, sondern eine PR, die Interessen klar und deutlich vertritt.“
Denn genau dann erfüllten  sie ein urdemokratisches Prinzip: dem Aushandeln von Interessen.  Und nur genau dann wären Gespräche auch interessant, wenn die unterschiedlichen Interessen deutlich werden. Schließlich gelte auch: „Das Gegenteil von Interesse ist uninteressant.“
Damit widerlegt Lotter allerdings nur den Anspruch nach Objektivität. Das zwar zu Recht – auch in meiner PR-Arbeit ist immer klar, wessen Interessen ich vertrete. Die beiden anderen Postulate  nach Authentizität und Wahrhaftigkeit erachte ich jedoch als essenziell: PR-Arbeit muss immer das Selbstverständnis des Unternehmens widerspiegeln und Kommuniziertes muss wahr sein – alles andere führt auf die Dauer zu keinem erfolgreichen Ergebnis.
Dafür ist der Beitrag über die Kommunikations-Probleme der Fluglinie Quantas in der Februar-Ausgabe von brand eins das beste Beispiel.
> Mehr dazu:
brand eins Feber 2009

Der 12. März 1938 in den Medien

Der 12. März 1938 war in den vergangenen Tagen in den Medien sehr präsent. Es war gut, dass der Anschluss Österrreichs an Hitler-Deutschland 70 Jahre danach so in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt wurde – und das oft sehr gut aufbereitet und in einen größeren Zusammenhang gestellt.
Auch der ORF widmete sich dem Thema ausführlich. Und woran denken die Programm-Macher des ORF, wenn sie ihren Bildungsauftrag ernstnehmen? Natürlich an einen Club 2. Also durften Mittwoch abend der Schriftsteller Michael Köhlmeier und einige Gäste ausführlich diskutierten. Es ist schön, dass im ORF wieder Platz für solch ein Format ist. Mir hat zum Beispiel gut gefallen, dass Köhlmeier der Zeitzeugin viel Zeit gelassen hat, ihre persönliche Geschichte zu erzählen. Sie war lang – viel zu lang für die stakkato-artigen Statements der derzeit gängigen Gesprächsrunden – aber sie hatte einen schlüssigen Spannungsbogen, der diesen Raum wirklich brauchte.
Zugleich man muss sagen: Sendungen wie der Club 2 verlangen den Zusehern viel Geduld ab. Viele switchen da schnell weiter. Auch ich dachte mir nach einer Weile: Das habe ich wirklich schon oft gehört. Und ich landete auf ZDF bei Kerner. Das passiert mir selten, weil ich seine Moderation nicht wirklich mag. Dieses Mal hatte er allerdings den amerikanischen Lehrer Ron Jones eingeladen, der in den 60er Jahren mit seinen Schülern das Experiment „Die Welle“ gemacht hat. Außerdem waren noch eingeladen: zwei seiner Schüler von damals, einige Jugendliche und der Schauspieler Jürgen Vogel, der in der aktuellen Verfilmung die Hauptrolle spielt.
Der Faschismus und wie er funktioniert, wurde da sehr anschaulich dargestellt. Etwa wie Ron Jones live auf der Bühne ein kleines Experiment startete. Da nahm wohl jeder die Botschaft mit: Die Empfänglichkeit für solche Prozesse ist jedem Menschen ein Stück weit in die Wiege gelegt. Und es gehört Wachsamkeit dazu, solche Entwicklungen rechtzeitig wahrzunehmen und Einhalt zu gebieten. Das war wohl die beste Lehre, die man an diesem Abend ziehen konnte.

Journalisten nutzen neben herkömmlichen PR-Material zunehmend Blogs & Co

Und noch eine Studie zum Recherche-Verhalten bei Medien. Die PR-Agentur Maisberger Whiteoaks befragt dazu jährlich deutsche Journalisten.
Im Vergleich zum Vorjahr wurden bei der Umfrage im November 2007 PR-Informationen insgesamt etwas häufiger genutzt. Mögliche Gründe sind die Qualität der Materialien und die immer knapper werdende Zeit, die für redaktionelle Arbeiten zur Verfügung steht.
Presseinformationen sind demnach weiterhin die beliebteste Quelle, sie werden von 84,8 Prozent der Befragten verwendet. Es folgen Anwenderberichte (38 Prozent), Kompetenzartikel (29,3 Prozent) und Interviewangebote (28,3 Prozent).
Deutlich zungenommen haben andere Informationsquellen: Bereits 12 Prozent der Redaktionen nutzen moderne Recherchequellen wie Blogs und RSS-Feeds. Dieser Anteil hat seit 2005 deutlich zugenommen.

US-Journalisten nutzen regelmäßig Blogs

Die US-Kommunikationsagentur Brodeur befragte Journalisten über ihr Verhältnis zu Blogs. 178 Redakteure nordamerikanischer Medien, davon die meisten aus Wirtschafts-Ressorts, nahmen teil.
Die Ergebnisse waren für mich überraschend und können wohl auch hierzulande als Trend-Indikator gelten:
– Mehr als die Hälfte sagte: Wir lesen mindestens 2 – 3 Mal pro Woche Blogs.
– Die wichtigsten Gründe sind: Um neue Themen und andere Zugänge zu finden (dazu finden 78 % Blogs hilfreich) oder um die Stimmungslage einer Debatte abzuchecken (dafür schätzen 76 % der Befragten Blogs hilfreich ein).
– Erst in zweiter Linie lesen Journalisten Blogs, um Informationen zu „breaking news“ zu finden (hier vergaben nur noch 47 % das Kriterium „hilfreich“).
– Lediglich 10 Prozent der Journalisten lesen nie Blogs.
– Im Schnitt werden 1 – 5 Blogs regelmäßig gecheckt.
Mehr dazu:
BlogWrite for CEOs
Download der Brodeur-Studie als PDF

Noch mehr neue Hochglanz-Magazine

Unternehmen gehen immer häufiger unter die Verleger. Ressourcenmäßig gut ausgestattet wetteifert so manches Corporate Publishing-Produkt mit den klassischen Magazinnen. Die Telekom Austria gibt schon seit einigen Jahren das Magazin .copy heraus, gewinnt damit regelmäßig Preise und poliert erfolgreich das eigene Image auf, gerade auch, weil der Konnex zum Unternehmen sehr im Hintergrund gehalten wird.
Jetzt mischt sich auch Red Bull unter die Verleger. Klingende Namen von Christian Seiler bis Robert Buchacher zücken für das Red Bulletin die Feder, bei dem der journalistische Kontext weit vordergründiger als Werbeplattform für das Produkt genutzt wird. Der Falter hat gezählt: Der Name Red Bull kommt auf den 100 Seiten der ersten Ausgabe 180 Mal vor. Diese unscharfe Trennung ist problematisch und ich frage mich, ob das Publikum das annimmt.
Ja, und noch ein Titel für die Top-Liga unter den Frauen-Magazinen: Nach 1st und Madonna geht diesen Herbst jetzt auch material girl an den Start. Erfinder sind plastic media, die Herausgeber von „Indie„, das bürgt für einen etwas anderen Zugang zum Thema.

Spiegel Online: bevorzugte Info-Quelle für Journalisten

Spiegel Online ist das meistgenutzte Medium für deutsche Journalisten. Fast 40 Prozent nutzen das Online-Portal laut einer Leserbefragung des Magazins journalist häufig als Nachrichtenquelle.
Die Printmedien verlieren rapide als Info-Quelle: Wichtigstes gedrucktes Medium ist die Süddeutsche Zeitung, die jedoch nur noch halb so oft als Quelle genutzt wie bei der Befragung vor fünf Jahren.
Beim Rundfunk nutzen Journalisten quasi ausschließlich öffentlich-rechtliche Sender, als einziger privater Sender wurde ntv genannt.
Mehr Information: prportal.de

7.100 Journalisten in Österreich

Medienhaus Wien und FH Wien haben sich die Journalisten-Szene in Österreich angeschaut: Sie haben knapp 7.100 Journalisten gezählt, die im Schnitt 40 Jahre alt und zu rund 60% fix angestellt sind. Mehr als ein Drittel hat ein akademische Ausbildung abgeschlossen, mehr als die Hälfte lebt in Wien.

Mehr dazu im Medianet.