Brauchen wir einen Marshallplan für die Printmedien?

Die Krise der Printmedien interessiert mich schon länger, in einer eigenen Serie war darüber auf K2 schon einmal ausführlich zu lesen („Gut oder gratis„). Letztens erschien in der Wochenzeitung „Die Zeit“ ein Beitrag, in dem Stephan Weichert und Leif Kramp von der Hochschule Hamburg gleich einen „Marshallplan“ zur Rettung der Zeitungsbranche forderten.
Das erinnert mich an einen ähnlichen Beitrag in der New York Times vom 28. Jänner 2009. Auch dort fand ein Printmedium prominente Autoren, um für finanzielle Unterstützungen zu werben. Was mich daran stört, ist doch das starke Eigeninteresse, für das hier das eigene Blatt instrumentalisiert wird. Und die verkürzte Argumentation: Die Krise der Printmedien wird gleichgesetzt mit einem Sterben des Qualitätsjournalismus. Das ist wohl doch zu einfach gedacht. Bei allem berechtigen Problembewusstsein: Qualitativ hochwertige Information ist auch im Internet möglich – und befruchtender Diskurs erst recht.
Der Beitrag zum Marshallplan ist natürlich trotzdem in der Online-Präsenz der Zeit zu finden – deren sich die Wochenzeitung ja ansonsten sehr rühmt.

Die Krone und der Kampagnenjournalismus: nächste Runde

Gerade sorgte die Krone noch durch die EU-Wahl-Kampagne für Hans-Peter Martin für Aufregung, jetzt folgt gleich die doppelte Pröll-Umarmung. Robert Misik sieht das alles gelassen („Opa ist halt etwas eigen“). Zugleich sagt Josef-Kalina, Ex-Redakteur der Krone und früherer SPÖ-Bundesgeschäftsführer, im Interview mit dem Standard: „Als sozialdemokratischer Kommunikationsverantwortlicher steht man vor dem Problem, dass viele Dinge, die nicht in der Krone geschrieben werden, das Wählerpotenzial der eigenen Partei überhaupt nicht erreichen. Die lesen gar keine andere Zeitung.“ Ja, das stimmt und genau diese enorme Reichweite unter den Zeitungen macht die Macht aus, die der Krone zugeschrieben wird.
Andererseits: Wir bilden unsere Meinung nicht nur durch das, was wir in der Zeitung lesen. Andere Massenmedien, Peer-Groups und vieles mehr sind für unsere Einstellungen ebenso verantwortlich. Und der Einfluss der Printmedien nimmt gerade jetzt drastisch ab – nicht umsonst wird allerortens über deren Krise diskutiert. Der Medienkonsum verschiebt sich stark in Richtung Web und bei Jüngeren besonders stark zu Social Media.
Übrigens: Die Krone selbst macht in der heutigen Ausgabe der Krone Bunt einen Rückblick auf eine ihrer ersten erfolgreichen Kampagnen des Jahres 1973 (Mehr Grün für Wien). Was man bei aller Fixiertheit auf den Kampagnenjournalismus der Krone nicht vergessen sollte: Es gibt auch genügend Beispiele, wo er nicht von Erfolg gekrönt wurde. Der Boykott von Wolfgang Schüssel ist eines der jüngsten. Der Krone gelingt es vor allem, einen Meinungstrend zu verstärken, aber weniger gut, gegen den Strom zu schwimmen.
> Mehr dazu:
FS Misik Folge 83
Standard-Interview mit Josef Kalina
ZIB2-Tagebuch von Armin Wolf

Verstaatlichung als Ausweg für US-Zeitungen?

Newsroom von Le Figaro (Quelle: Gabju)

Zeitungen wie die New York Times sollten in geförderte Non-Profit-Organisationen verwandelt werden, fordern die beiden Finanzanalysten David Swensen und Michael Schmidt als Lösung für die aktuelle Print-Medienkrise, die die Meinungs- und Pressefreiheit gefährde. In einem Gastkommentar in der New York Times vom 28. Jänner 2009 veranschlagen sie für die New York Times eine jährliche Unterstützung von fünf Milliarden Dollar. Damit haben sie eine Diskussion gestartet, der sich auch Steven Coll, zweifacher Pulitzer-Preisträger und ehemaliger Mitherausgeber der Washington Post, anschließt: Er kalkuliert mit einer jährlichen Förderung von zwei Milliarden Dollar für die Washington Post, berichtet die ORF Futurezone.

Das Thema reicht aber bereits weiter zurück: Die Journalistin Bree Nordenson setzte sich bereits im August 2008 mit den finanziellen Problemen der Print-Medien durch die Konkurrenz des kostenlosen Online-Contents auseinander – und ihre Forderungen waren durchaus ähnlich ungewöhnlich für US-Verhältnisse (auf K2 war darüber zu lesen).
Mehr dazu:
K2: Die Antworten deutscher Verlage auf die Finanzkrise
WebWriting-Magazin: Wie klassiche Medien online mehr Geld verdienen könnten

Neues Handbuch von Dialog-Experte Torsten Schwarz

Torsten Schwarz hat Ende 2008 ein neues Handbuch zum Thema Dialog-Marketing herausgebracht.  Wer gerne in überschaubaren Happen Wissen tankt, wird damit sicher zufrieden sein. Schwarz versammelt in seinem „Leitfaden Dialogmarketing“ mehr als 80 Experten zu fast allen Themen:  von Werbewirkung über das  Texten bis zum Aufbau einer Kundendatenbank.
E-Mail-Marketing hätte meiner Meinung nach mehr Platz verdient, findet sich aber zumindest in einigen recht interessanten Case Studys, die vielleicht überhaupt zum Besten des Buches gehören, als aktuelle Beispiele zum State of the Art.
Torsten Schwarz (Hrsg.)
Leitfaden Dialog-Marketing
536 Seiten, Preis: 29,90 Euro

brand eins über PR: zu Interessen stehen

Den Themen Kommunikation und PR ist die Februar-Ausgabe von brand eins gewidmet. Der Schwerpunkt erfreut zum Intro mit einem Blick in den Papierkorb der Redaktion – da tummeln sich viele abstruse Themen-Angebote . Wie in vielen anderen Medien auch, die darüber immer wieder mal Dampf ablassen.
Das Unangenehme daran: Inmitten dieses ganzen E-Mülls geht so manches brauchbare Thema unter. Einfach, weil man als Journalist genervt ist.  Und mit der Selektion aus dieser Überfülle überfordert ist. Die großen Namen erwischt es dabei natürlich weit seltener als kleinere und unbekanntere Unternehmen. Das und die neue Welt der Social Media machen PR-Arbeit weiterhin recht herausfordernd und spannend.
Gabriele Fischer schreibt im Editorial von brand eins: „Journalisten wollen was rauskriegen, PR-Leute wollen was reindrücken.“ Wolf Lotter widmet unter dem Titel „Propaganda“ genau dem einen ausführlichen Essay.
Darin fordert er die Public Relations dazu auf, sich von hübsch ethisch ausgestalteten Kodices und ihren Ansprüchen nach „Objektivität“, „Authentizität“ und „Wahrhaftigkeit“ zu verabschieden: „Klartext wird gebraucht, also jene PR, die nicht so tut, als sei sie allem und jedem verpflichtet, sondern eine PR, die Interessen klar und deutlich vertritt.“
Denn genau dann erfüllten  sie ein urdemokratisches Prinzip: dem Aushandeln von Interessen.  Und nur genau dann wären Gespräche auch interessant, wenn die unterschiedlichen Interessen deutlich werden. Schließlich gelte auch: „Das Gegenteil von Interesse ist uninteressant.“
Damit widerlegt Lotter allerdings nur den Anspruch nach Objektivität. Das zwar zu Recht – auch in meiner PR-Arbeit ist immer klar, wessen Interessen ich vertrete. Die beiden anderen Postulate  nach Authentizität und Wahrhaftigkeit erachte ich jedoch als essenziell: PR-Arbeit muss immer das Selbstverständnis des Unternehmens widerspiegeln und Kommuniziertes muss wahr sein – alles andere führt auf die Dauer zu keinem erfolgreichen Ergebnis.
Dafür ist der Beitrag über die Kommunikations-Probleme der Fluglinie Quantas in der Februar-Ausgabe von brand eins das beste Beispiel.
> Mehr dazu:
brand eins Feber 2009

Die Kronen Zeitung und ihre fleißigsten Leserbrief-Schreiber

Top Schreiber von Leserbriefen in der Kronen Zeitung 2008. Quelle: Blog Wissen belastet, Max Kossatz.

Allerortens wird über Bürger-Journalismus diskutiert. Die größte Zeitung Österreichs hat dieses Thema auf ganz eigene Weise gelöst: In der Rubrik „Das freie Wort. Briefe an den Herausgeber“ veröffentlicht die Kronen Zeitung online die abgedruckten Leserbriefe – mit einigen regelrechten Stars. So bringt es Franz Köfel auf 139 Veröffentlichungen im Jahr 2008 und sein Kollege Franz Weinpolter immerhin auf 137. Das hat Max Kossatz vom Blog Wissen belastet gezählt.
Er hat sich am vergangenen Sonntag noch mehr Arbeit gemacht und auch die Themen sowie die zitierten Personen analysiert. Die ÖVP dominiert demnach durchgängig die Inhalte der Leserbriefe. Eine Grafik zum Themenfluss zeigt das ganz eindeutig. Weitere Details zu den beliebtesten Themen, Schauplätzen und Hauptdarstellern finden sich bei Wissen belastet.
Was mir in dem Zusammenhang auch noch einfällt: Vor einiger Zeit hat sich jemand einmal die Mühe gemacht und die Namen der Leserbrief-Schreiber im Telefonbuch gesucht. Die Ausbeute war äußerst dürftig.

Die Medien in Zeiten der Finanzkrise: Deutsche Verlagshäuser zentralisieren Redaktionen

Die Unruhe in der Medienbranche wächst, die klassischen Verlage reagieren verstärkt durch die Finanzkrise zunehmend nervös auf die wachsende, oft selbst geschaffene Konkurrenz aus dem Internet. Innerhalb kürzester Zeit kündigten soeben drei große deutsche Medienunternehmen an, ihre Redaktionen zu zentralisieren: die WAZ-Gruppe für ihre Tageszeitungstitel, die Bauer Verlagsgruppe für drei Frauenzeitschriften und Gruner + Jahr für vier Wirtschaftstitel (unter Federführung durch die Financial Times Deutschland). Die Süddeutsche Zeitung reduziert außerdem die Zusatzprodukte deutlich.

Newsroom Financial Times (Quelle: Adam Tinworth)

Newsroom Financial Times (Foto: Adam Tinworth)

Medienwissenschaftler Horst Röper meint in der NDR-Sendung Zapp: Viele Verlage haben sich über frühere Jahrzehnte an „eine Verdiensthöhe gewohnt, die sie unter den neuen Umständen wohl so nicht mehr erreichen können.“ Ehrhardt F. Heinold vom Blog Publishing Business fragt sich, ob jetzt Sparmaßnahmen durchgeführt werden, die schon länger geplant waren und für die sich jetzt einfach der passende Anlass findet. Er kommt zu dem Schluss: „Werthaltige, eindeutig positionierte Medienmarken mit unverwechselbarem „Content“ werden sich in der Krise bewähren – der (nicht ganz kleine) Rest bekommt Probleme.“
Ein gutes Beispiel ist hier das deutsche Wirtschaftsmagazin brand eins. Doch etwas gegen den Trend verzeichnet es seit der Gründung vor zehn Jahren laufend Auflagensteigerungen – und das mit hohem Textanteil, langen Reportagen und einem aktuellen Heftpreis von 7,60 Euro. Ein Interview mit Chefredakteurin Gabriele Fischer war im österreichischen Horizont 49/08 zu lesen: „Vor zehn Jahren haben alle Zukunftspropheten gelacht: Wie will man in der neuen Wirtschaft mit Internet und immer schnelleren Übertragungswegen mit einem Monatsmagazin bestehen? Wir fanden schon damals, dass wir uns mit einem Tages- oder Wochenmedium deutlich unwohler fühlen – denn wo es um Tempo geht, sind elektronische Medien immer schneller. Wo es aber um Hintergrund und Orientierung geht, schadet ein wenig Nachdenkzeit nicht. Wir denken: Das wird sich so schnell nicht ändern. Und wenn doch, denken wir nach.“
Schwierigkeiten für tagesaktuelle Printmedien sieht langfristig eine aktuelle Studie der FH Mainz. Bis zum Jahr 2018 werden demnach Tageszeitungen 30 Prozent ihrer Leser verloren haben. Lothar Rolke, der gemeinsam mit Johanna Höhn die Studie durchgeführt hat, erläutert: „Da sich Medienverhalten in jungen Jahren herausbildet und relativ stabil bleibt, kann sichtbar gemacht werden, was sich verändert und – durch Vergleich der Altersgruppen – die Kraft der Veränderung gemessen werden.“
Die Studie zeigt: Um sich allgemein zu informieren, werden bereits heute Online-Angebote im Durchschnitt dreimal so häufig genutzt wie Fernsehen, Tages- und Publikumsmedien zusammen. Das Internet besticht einfach durch qualifizierte Informations-, Unterhaltungs- und Einkaufsmöglichkeiten an einem Ort.
> Mehr dazu:
Studie der FH Mainz bei PR-Portal
Medienhandbuch: Kommentar zu den Zentralredaktionen
Handelsblatt-Weblog: zur Zentralredaktion bei Gruner+Jahr
Serie „Gut oder gratis“ bei K2 – zu Gratis-Content online und offline, zu den Auswirkungen für Qualität sowie Informationsvielfalt und zu neuen Geschäftsmodellen für Medienunternehmen

OÖ Rundschau: Quo vadis als Teil der Moser Holding?

Der Trend zu den Gratismedien hat schon so Manches hervorgebracht, das nicht zu den positiven Errungenschaften unserer Medienlandschaft zählt. In meiner Serie „Gut oder gratis“ war im Frühjahr 2008 Einiges dazu zu lesen.
Was sich aktuell rund um die OÖ Rundschau abspielt, stellt aber Vieles in den Schatten. Bisher im Eigentum von Raiffeisen-Landesbank und VP Oberösterreich möchte nun die die Moser Holding die Regionalzeitung übernehmen. Sie gibt die Tiroler Tageszeitung sowie die Bezirksblätter heraus und war letztens in den Medien präsent im Zuge des gemeinsamen Gratis-Wochenzeitungsringes mit der Styria Medien AG (Woche).
Nun soll dieser Ring um die Oberösterreichische Rundschau erweitert werden – und gleich wird ein großer Kehraus angekündigt.  Die bisherige Kaufzeitung soll es ab Jänner 2009 nur noch als Gratiszeitung im Kleinformat geben. Die schon bisher kostenlose Sonntags-Rundschau schrumpft ebenfalls im Format. Zugleich werden 100 Mitarbeiter gekündigt – die verbleibenden 150 erhalten massiv schlechtere Vertragsangebote: So sollen Journalisten jetzt einen Gewerbe-Kollektivvertrag akzeptieren.
Ich selbst habe bei der Linzer Rundschau meine ersten journalistischen Erfahrungen gesammelt, das macht mich sicher nicht unparteiisch. Aber ich denke, sie hat ihre berechtige Funktion als bewusst regionales Medium – und um diese Aufgabe gut erfüllen zu können, braucht es faire Arbeitsbedingungen – nur so kann es gute Qualität geben.
> Mehr dazu:
Beitrag: Oberösterreichische Nachrichten 13.11.2008
Kommentar: Dr. Christine Haiden, Chefredakteurin „Welt der Frau“, Oberösterreichische Nachrichten 13.11.2008
Bestseller Oktober 2008 zum Gratiszeitungsring von Styria und Moser-Holding
Serie „Gut oder Gratis“ auf K2 – Frühjahr 2008

OBAMA

Die Leistung von Barack Obama ist erstaunlich – trotz des größten Wahlkampf-Budgets in der US-Geschichte. Enorm auch die internationale Medienpräsenz nach seinem Sieg vor einer guten Woche: Hier sind eine ganze Reihe von Zeitungs-Covern zu finden – und auch eine erste To Do-List!