Ehtik in der PR

Das Spannungsverhältnis zwischen PR und Ethik interessiert mich schon seit ersten Berufstagen. In Zeiten von Corporate Social Responsibility sieht sich PR-Branche als zuständige Disziplin und reflektiert auch das eigene Verhalten: Bei einer Veranstaltung des Public Relations Verbandes Austria referierte Univ.-Prof. DDr. Matthias Karmasin zum Thema.

Als treibende Faktoren der Ethik-Diskussion sieht er 2 Faktoren:
Zum einen sorgt die Mediatisierung für einen leichteren Zugang zu Information – Ethik als Feigenblatt zu verwenden, funktioniert daher nicht mehr. Zum anderen werden durch die Ökonomisierung der Gesellschaft alle Bereiche des Lebens von der Wirtschaft in einem Ausmaß durchdrungen, dass ethische Forderungen, die früher andere Segmente betroffen haben, auf sie übertragen wird.

Wer bestimmt nun, was ethisch richtig ist? Karmasin unterscheidet hier zwischen 2 Modellen:
– Das traditionelle Modell der dekreditierten Ethik: D.h. Verbände, Athener Codex etc. legen fest, was ethisch ist – und alle anderen inkl. Stakeholder müssen das akzeptieren.
– Das diskursive Modell: Ethik wird heute durch kommunikative Aushhandlungsprozesse von Stakeholdern bestimmt.

Karmasin zum Schluss: “In der Welt, in der wir leben, gibt es de facto den archimedischen Punkt der Ethik, von dem aus wir uns einigen können, ohne Kommunikation nicht. Ethik bleibt, was Ethik immer sein sollte: eine Zumutung.”

Datenschutz – die Unendlichkeit zwischen Theorie und Praxis

Mit dem Datenschutz beschäftigen sich in Österreich wohl nur wenige Menschen so intensiv wie Hans G. Zeger. Der Obmann der ARGE Daten fasste letztens das Wichtigste zum Thema recht kompakt in einem Vortrag für die Junge Wirtschaft zusammen. Knapp drei Stunden wurden es dennoch, aber das lag primär an den vielen Fragen aus dem Publikum.
Wir haben wohl alle gestaunt, wie gut unser aller personenbezogene Daten geschützt wären, denn grundsätzlich gilt der „umfassende Geheimhaltungsanspruch“. Und für die meisten Datenanwendungen wäre eine Zustimmung notwendig, die konkret anführt: Welche Daten werden warum an wen weitergegeben. Und da reichen keine allgemeine Formulierungen zu „seriösen Partnern“ oder Ähnliches. In der Praxis sieht so manches ziemlich anders aus, ganz ähnlich wie beim Thema Spam, das natürlich auch zur Sprache kam.
Ebenso interessant: Das Dilemma zum Thema DVR-Nummer wurde einfach dadurch entschärft, indem eine Reihe von Standardanwendungen definiert wurden. Unternehmen mit den gängigen Anwendungen für Buchhaltung und Eigenwerbung brauchen daher keine derartige Registrierung mehr.
Conclusio: So ein Abend schärft ganz sicher die Sensibilität für den Umgang mit den eigenen und mit den anvertrauten Daten.
> Mehr dazu
ARGE Daten
Empfehlungen der ARGE Daten für Datenschutzerklärungen
Präsentation der Veranstaltung

Studie: Tags primär hilfreich für das Finden aktueller Inhalte


Blogger und Nutzer von Del.icio.us, Flickr & Mister Wong lieben Tags, viele andere kennen sie noch gar nicht. Letzteres ist zumindest meine persönliche Erfahrung.
Stefanie Panke und Birgit Gaiser haben im Frühjahr 2008 Nutzer des freien Schlagwortens online befragt.
Ihre wichtigsten Ergebnisse:

  • Tags werden vor allem von langjährigen Internet-Nutzern eingesetzt – die meisten nutzen sie seit rund zwölf Monaten. Sehr viele von ihnen schreiben selbst ein Blog.
  • Social Tagging ist auch bei Weblogs am weitesten verbreitet , gleich auf liegen Social-Bookmarking-Dienste wie deli.cio.us und Mister Wong. Dahinter folgen Bilderdienste wie flickr und Kontakt-Netzwerke wie Xing.
  • Viele Funktionen und Begriffe sind auch aktiven Taggern nicht bekannt (Folksonomy, Bundles…).
  • Tag-Clouds werden vor allem zur Erschließung fremder Inhalte oder Ressourcen-Sammlungen verwendet.
  • Die Hälfte der Nutzer trennt nicht strikt zwischen beruflicher und privater Darstellung.
  • Im Schnitt erhält eine Ressource 4 bis 7 Tags.
  • Auch deutsche User verwenden sehr oft englische Begriffe.
  • Ein Problem sind die unterschiedlichen Schreibweisen von Begriffen und die unterschiedlichen Begriffs-Konventionen (Trennung von Tags durch Beistrich oder Leerschritt).
  • Recommended Tags werden von zwei Drittel der Befragten verwendet.
  • Im Tagging-Vokabular dominieren Schlagworte zum Thema und zur Domäne („SocialSoftware“). Häufig werden auch der Medientyp („Tagungspaper“) oder das Genre einer Ressource spezifiziert.
  • Primäres Motiv zum Taggen ist die persönliche Wissensorganisation, die kommikative Seite spielt eine geringere Rolle. Social Tagging wird primär als Recherchemittel und personalisiertes Ablagesystem wahrgenommen.
  • Bestehende Inhalte werden nur selten nachträglich mit neuen Schlagworten versehen. Mit Social Tagging werden also vor allem aktuelle Inhalte leichter gefunden, als dauerhaftes Archiv ist es weniger effektiv. Sinnvoll wäre dhaer eine Weiterentwicklung in Richtung automatisierter Funktionen zum Aufräumen der Ressourcen-Sammlungen.

> Mehr dazu:
Stefanie Panke und Birgit Gaiser. Nutzerperspektiven auf Social Tagging – eine Online-Befragung
Meine Bookmarks bei Mister Wong

Wenn alle Fußball schauen, würdigt keiner einen neuen Buchstaben

Da wird ein neuer Buchstabe aus der Taufe gehoben und ich hätte es fast nicht bemerkt. Zum Glück habe ich bei Textinen-Kollegin Susi Ackstaller vorbeigeschaut. Sie hatte trotz Halbfinale Zeit für einen Blog-Eintrag zum neuen großen ß. Alles im Detail dazu weiß Heise Online.
Und überhaupt war das Fußballspiel Deutschland – Türkei vor dem Fernsehschirm ja eine wenig erfreuliche Angelegenheit: Ein bisschen Donner und schon fällt europaweit das Bild aus. Das kann doch wohl nicht sein, findet sogar das Medienhandbuch.

Gut oder gratis VI: Killt Gratiscontent die Meinungs- und Pressefreiheit?

6. und vorerst letzter Teil meiner Serie zu Gratis-Content online und offline, zu den Auswirkungen für Qualität sowie Informationsvielfalt und zu neuen Geschäftsmodellen für Medienunternehmen.

Der Trend hin zum kostenlosen Medienkonsum könnte langfristig gravierende Folgen haben. Message, die internationale Zeitschrift für Journalismus, zeigt, wie dadurch die Werte der Medien- und Pressefreiheit untergraben werden. In der ersten Ausgabe 2008 erschien ein Beitrag der Journalistin Bree Nordenson (ursprünglich veröffentlicht bei Columbia Journalism Review).

Sie beschreibt in ihrem Artikel zunächst, wie explosionsartig sich Zeitungen in den 1970er Jahren entwickelten – sie wurden damit zu einer der attraktivsten Kapitalanlagen und viele Zeitungsverlage notierten schließlich an der Börse.

Nun hat sich die Situation geändert. Viele Mainstream-Medien kürzen bei den Redaktionen, um ihre Gewinnspannen aus der Vergangenheit halten zu können. Es entsteht ein Konflikt zwischen den privaten Medien und ihren öffentlichen Aufgaben, die sie immer weniger erfüllen können, ohne zugleich ihren wirtschaftlichen Eigeninteressen zu schaden.

Nordenson schreibt: „Medienprodukte sind deshalb außergewöhnlich, weil oftmals zwei sehr unterschiedliche Abnehmer für die Vermittlung von Medieninhalt an ihr Publikum bezahlen. Mit anderen Worten: Das Medienunternehmen verkauft erst Produkte an die Leserschaft und dann die Leser an die Anzeigenkunden. Durch das Modell der kostenfreien Inhalte in den meisten Online-Nachrichtenquellen sind die Leser weniger denn je bereit, Abonnementgebühren zu zahlen. Das macht die Presse – gedruckt wie online – noch abhängiger vom Anzeigengeschäft. Das Ergebnis: Oft sind die Medien gezwungen, verstärkt Leser an Anzeigenkunden zu verkaufen anstatt Journalismus an die Leser.“

Für Nordenson gibt es nur einen Ausweg aus dieser Situation: Der Staat muss den Journalismus vor dem Druck des Marktes schützen – und sie stellt dazu einige Förder-Modelle aus europäischen Ländern vor. Ihr Ansatz findet gerade in den USA naturgemäß wenig Befürworter. Das Grundproblem jedoch gilt es in Europa wie in Amerika zu lösen: Wie können Medien trotz Abhängigkeiten von öffentlicher Seite oder wirtschaftlichen Interessen ihre gesellschaftspolitische Aufgabe erfüllen?

Bewegtbilder im Internet: Status Quo in Österreich kurz vor der Euro

Bewegtbilder wurden als einer der Online-Trends des Jahres angekündigt. Rechtzeitig zur Fußball-EM startet jetzt Mobile TV in Österreich.
Anbieter ist Media Broadcast (Teil der französischen Gruppe TDF) gemeinsam mit den Betreibern Hutchison und One. Zur Euro sollen in den vier Spielorten Wien, Innsbruck, Klagenfurt und Salzburg 15 Fernsehprogramme und vier Radiosender zu empfangen sein. Bis Jahresende will Media Broadcast dann 55 Prozent der Bevölkerung mit Programmen unter dem Standard DVB-H erreichen. Ob damit das Match schon entschieden ist, ist offen: Die anderen österreichischen Mobilfunk-Betreiber Mobilkom und T-Mobile sind nicht mit an Board und international gibt es durchaus auch andere technische Formate, selbst in der EU ist die Richtung noch nicht klar festgelegt.
Und wie sieht es mit Videos auf Websites aus? Siemens verteidigte eben erst die Position als weltweit beste Konzern-Website, gerade weil sich auf der eigenen Internet-Präsenz sehr viel bewegt. Auch auf der österreichischen Siemens-Website sind einige Videos zu finden.
Bei den Websites österreichischer Medien tummeln sich ebenso da und dort laufende Bilder. Das ist dank des Angebots von APA-Video releativ leicht zu realisieren. Einige Medienhäuser produzieren auch selbst Videos, wie etwa die Kleine Zeitung mit der Society-Sendung Leute TV.
Bei den eigenen Beiträgen dominieren oft regionale Themen. Für Vorarlberg Online sind etwa eigene Mobile Journalists im Ländle unterwegs. Schneller als jede Fernsehstation kann man so kurze Beiträge aus der Region ins Netz schicken.
Anders die Strategie bei TV Media: Dort besprechen Redakteure die neuen Filme und streuen dabei auch kurze Film-Ausschnitte ein. Nett, aber sieht man sich das nicht doch lieber im Fernsehen an?
Überhaupt ist die Frage: Wie wird all das angenommen? Hans-Jürgen Jakobs, Chefredakteur bei Sueddeutsche.de, relativiert im aktuellen deutschen Horizont den Hype um Bewegtbilder: „Videos erzielen im Vergleich zu Artikeln und gut gemachten Bildergalerien nur einen Bruchteil des Traffics.“ Auch für Dirk Specht, Leiter der Elektronischen Medien der FAZ, bleiben Bewegtbilder noch eine ganze Weile ein Beobachtungsfeld. Ebenfalls im Horizont vom 23. Mai 2008 sagt er: „Die Herausforderung besteht in der Schaffung neuer und mediengerechter Formate, die Text, Interaktion und Bewegtbild kombinieren. Zweitverwertungen von Bewegtbildinhalten aus dem TV-Umfeld decken das nicht ab.“
Und wie sieht die Situation in Österreich aus? Barbara Ebner, Geschäftsführerin von Kleine Online, sagt im Horizont-Special zum ADGAR: „Das Internet ist kein Lean-Back-Medium. Da will ich keine zehnminütige Nachrichtensendung anschauen.“ Und Susanne Obermayer, Geschäftsführerin von Krone Multimedia, stößt dort ins selbe Horn: „Man sollte sich die Vorteile und nicht die Nachteile des Fernsehens ins Internet holen. Der User will aus einzelnen Beiträgen wählen können.“
Was werden also die Inhalte sein, die wir uns künftig gerne am Laptop-Monitor oder am Handy ansehen: Nachrichten als kurze Information-Bits, Ein-Minuten-Folgen von Soaps oder doch ganze Fußball-Matches?
Nachtrag:
T-Mobile kündigt an, jetzt mit dem qualitativ besseren DVB-T zu starten. Mobilkom ist kurzfristig doch bei DVB-H dabei.

Human Globaler Zufall: Medienglobalisierung einmal anders

Jeder kennt jeden über sechs Ecken: Der Zeitungspraktikant Dennis Buchmann entwickelte aus dem Kleine-Welt-Phänomen von Stanley Milgram das Konzept für ein neues Magazin. Dem Axel-Springer-Verlag gefiel die Idee und so erschien jetzt mit Global Editor Buchmann (auf dem Foto während der Recherche in Equador) die erste Ausgabe von „Human Globaler Zufall“: Sechs Beiträge mit vielen Fotos führen rund um den Globus zu Menschen und ihren Geschichten.
Eine witzige Idee, visuell ansprechend umgesetzt, über die Texte wird allerortens diskutiert.
> Mehr Infromation
Website zum Magazin Human Globaler Zufall

Wissen: bald nur noch im Internet, dafür gratis

Der Trend im Netz geht hin zu freiem, werbefinanzierten Wissen. Das war hier schon im Dezember zu lesen.
Jetzt gibt es zwei neue Belege dazu:
1.
Vom Spiegel gibt es eine neue Wissens-Plattform, die sich „Lexikon der nächsten Generation“ nennt. Spiegel Wissen verknüpft vier hochkarätige Informationsquellen: Bertelsmann-Lexika, Wikipedia sowie die Archive von Spiegel und manager magazin mit mehr als 700.000 Beiträgen.
2.
Wikipedia-Gründer Jimmy Wales startete heuer mit seiner lange erwarteten Suchmaschine Wikia Search, die Such-Funktionen mit Social-Networking und einem Wiki verbindet. Im Interview mit der Wiener Stadtzeitung Falter erzählte er: „Das Allerwichtigste, was ich den Menschen bewusst machen will, ist: Die Algorithmen, die Google für seine Suchmaschine verwendet, sind geheim. Das Konzept ist überhaupt nicht transparent. Für eine offene Gesellschaft ist es aber überaus wichtig, dass man nachvollziehen kann, nach welchen Kriterien solche inhaltlichen Entscheidungen getroffen werden. Außerdem glaube ich, dass die Suchmaschinen nachlässig wurden. Wir können uns alle an die Zeit vor Google erinnern, als die Websuche wirklich erbärmlich war. Dann kam Google und die Ergebnisse wurden wesentlich besser. Aber in den letzten Jahren gab es einen Stillstand. Die Qualität der Suchmaschinen ist recht gut, und die Leute haben gelernt, das zu akzeptieren. Ich glaube aber, dass es besser geht.“
Bessere Ergebnisse soll es durch die Bewertungen von Usern geben. Bis dafür die kritische Masse erreicht wird, wird es allerdings noch rund zwei Jahre dauern, schätzt Wales. Und das merkt man bei der Alpha-Version noch tatsächlich. Irgendwann soll es dann auch Werbung geben – so ähnlich wahrscheinlich wie bei Google, dem übrigens auch die Einfachheit der Suchmaske nachempfunden ist.
Nachtrag: Um das gedruckte Wissen ist es derweil schlecht bestellt: Brockhaus hat gerade bekannt gegeben, die gedruckten Enzyklopädien einzustellen. Mehr zum „Lexitus“ bei der Platttform buch-pr.de.