Wie entsteht Kreativität? Jeder, der schon frustrierende Brainstorming-Sitzungen erlebt hat, mag seine eigenen diesbezüglichen Fähigkeiten in Zweifel ziehen. Und wollte doch nur mit dem falschen Weg das richtige Ziel erreichen. Denn kaum ein Instrument erweist sich als so wenig tauglich, kreative Prozesse in Gang zu bringen wie Brainstormings.
Warum sie dennoch nach wie vor zum Standard-Repertoire gehören? Weil Brainstormings auch einfach sind. Wer so mit dem Tagesgeschäft blockiert ist, dass keine Zeit bleibt, um von Grund auf Neues zu denken und zu entwickeln, der greift gerne zur wenig anstrengenden Notlösung: Ohne aufwändige Vorbereitung sitzt man einfach zusammen. Was so entsteht, sind Pseudo-Ideen und Aktionismus.
Mehr Heartstormings statt Brainstormings wünscht sich daher Gunter Duenk und stellt sich die Gretchenfragen: „Warum bereiten wir uns nicht vor? Warum arbeiten wir uns nicht vorher in die Problematik ein? Warum bringen wir nicht schon gute Ideen mit? Warum dürfen alle bei neuen Ideen mitmachen? Warum nicht nur die, die so etwas können und am besten ihre Fähigkeiten schon bewiesen haben? (Viele Kochlehrlinge verderben nicht nur den Brei, sie reden nur welchen.) Warum scheiden wir nicht schon vor dem Meeting unsinnige Ideen aus und reden nur über die, die es wert erscheinen?“ Und Kreativitätstrainer Mario Pricken kennt gleich
elf Gründe, die gegen Brainstormings sprechen, von denen hier zwei zitiert seien:
Nummer 1: „Weil die Teilnehmer kein Wissen über den Kreativprozess oder kreative Denkstrategien besitzen und sich stattdessen zu 100 % auf ihre Intuition und Tagesverfassung verlassen müssen.“
Nummer 8: „Weil bereits tausende Menschen tausende Stunden vor Ihnen über das Thema nachgedacht haben. Freies Assoziieren, wie es im Brainstorming erfolgt, produziert meist nur leicht variierte Klischees. Für die Big-Idea sind gut präpariertes Material, tiefgreifendes Wissen und ungewöhnliche Methoden notwendig.“
Wie entstehen also Geistesblitze wirklich? Wie wird man zum kreativen Genie? Journalist und brand eins-Gründer Wolf Lotter gibt dazu eine wenig erfreuliche Bestandsaufnahme: Unser Wertekanon ist primär auf das Reproduzieren von Bestehendem ausgerichtet, Dinge sollen planvoll nach Mustern und Methoden gelöst werden, Abweichungen vom Mittelmaß werden nicht akzeptiert. Zugleich erleben wir heute aber eine entscheidende Entwicklung: Immer mehr Menschen arbeiten in Berufen, in denen Kreativität gefragt ist, Erfolg hat künftig, wer die besten Ideen hat.
Was also tun, wenn Kreativität immer mehr zur allgemeinen Erfolgsformel wird? Mehr Wissen über das Funktionieren kreativer Prozesse tut not. Zentral dabei ist das Konzept des Flow, vom Psychologen Mihaly Csikszentmihalyi: ein Zustand konzentrierter, schöpferischer Aktivität, in dem man völlig in seiner Tätigkeit versunken ist. Abseits jeglichen Zwangs und störender Außenfaktoren finden Aufmerksamkeit und Motivation zu einer produktiven, spielerischen Harmonie zusammen. Jeder hat solche Momente bereits erlebt, in denen er mit Spaß an der Sache etwas Gutes, Erfolgreichs entwickelte – und war damit kreativ.
Was kann man also tun, um solche Momente bewusst zu erreichen? Zunächst sind die Außenfaktoren wesentlich: Ruhe, kein Zwang, eine Umgebung, in der man gut und gerne arbeitet. Und dann gibt es bewährte Wege und Instrumente, die es zu erproben gibt. Denn jeder hat ein Stück weit einen individuellen Zugang, um gute Ideen zu entwickeln.
Dazu fünf Tipps als erste Fährte auf der Spur zur eigenen Kreativität:
- Den Kreativitätstrainer Mario Pricken habe ich bereits erwähnt. Er ist Autor des Standard-Werkes Kribbeln im Kopf, das gleich mehrere sinnvolle Methoden beschreibt.
- Malcom Gladwell ist Journalist beim New Yorker und beschäftigt sich in seinen Büchern unter anderem damit, was gute, erfolgreiche Ideen ausmacht.
- Die Kreativitätstrainerin Anja Ebertz sagt: “Das Gehirn kann nicht aus Nichts etwas schaffen, ist aber exorbitant gut im Kombinieren. Das Geheimnis der Kreativität ist das flüssige Denken.” Um das in Gang zu setzen, empfiehlt sie einen vierstufigen kreativen Prozess.
- Sehr bekannt ist mittlerweile das Konzept des Mind Mapping von Tony Buzan. Um eigene Ideen zu entwickeln, empfiehlt sich das Arbeiten auf einem großen Bogen Papier. Mindmap-Computerprogramme sind primär als Orginisationstool hilfreich.
- Gute Anstöße gibt schließlich auch das Buch „Der Weg des Künstlers im Beruf“ von Mark Bryan. Es begleitet als mehrwöchiger Kurs auf eine Entdeckungsreise zur eigenen Kreativität.
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