Das Wall-Steet-Zitat zum Bilanz-Blues & Tipps vom Journalistinnenkongress

„On the left side, there is nothing right.
On the right side, there is nothing left.“

Quelle: Profil Geld Extra vom 13.10.2008
Das Thema Krisenkommunikation stand schon lange fix auf der Agenda des Journalistinnenkongress am 10. und 11. Oktober 2008 in Wien. Die aktuelle Finanzkrise hat dem Thema natürlich noch mehr Auftrieb gegeben.
Unter dem Motto „Journalismus und PR: Die Krise ist da“ diskutierten am Podium: Dkfm. Renate Skoff (Expertin für Krisen-PR), Heidi Glück (media+public affairs consulting GmbH), Mag.a Eleonore Gudmundsson, BA (Österreich Werbung), Dr.in Esther Mitterstieler (WirtschaftsBlatt) und Elisabeth Tschachler-Roth (selbständig).
Die wichtigsten Ergebnisse der Diskussion sind in der Dokumentation zum Kongress zu finden.
Zur Kommunikation der Banken in der Finanzkrise erschien gerade beim Medienhandbuch ein Beitrag: Rich-Media-Werber Andre Nitze zeigt gute und schlechte Strategien der Finanzinstitute auf.

Die Finanzkrise und das Vertrauen

Ist die Finanzkrise bloß eine Vertrauenskrise? Wenn man sich die vielen öffentlichen Stellungnahmen aus Management und Politik ansieht, hat es tatsächlich diesen Anschein.
Völlig konträr dazu ist die Meinung von Joseph Stiglitz, Wirtschaftsnobelpreisträger und Professor an der Columbia University in New York. Im Interview mit dem Falter sagt er: „Was Leute wie US-Finanzminister Henry Paulson oder Notenbankchef Ben Bernanke nicht verstehen, ist die Tatsache, dass es sich um mehr handelt als um eine vorübergehende Vertrauenskrise. Es wurden echte Fehler bei der Kreditvergabe begangen, deren reale Auswirkungen wir zum Beispiel in diesem Überhang am Häusermarkt sehen.“ (Falter 41/08)
Und wenn ich die derzeitigen Werbeaktivitäten des Finanzsektors sehe, frage ich mich, ob dort überhaupt eine Sensibilität zur aktuellen Situation vorhanden ist. Da werden nach wie vor Anzeigen für riskante Finanzprodukte geschalten und kaum ein Institut versucht den aktiven Dialog zu einem Thema, das sie betrifft wie kein anderes in den letzten Jahrzehnten.
Gerade das kann sich als sehr verhängnisvoll erweisen: Wie sollen Bürger und Konsumenten diesen widersprüchlichen Mix einordnen: zwischen Beschwichtigen und Negieren auf der einen Seite und massiven Interventions-Entscheidungen auf der anderen Seite. Offene Kommunikation und klare Botschaften sind in der jetzigen Situation notwendig – und möglich.
> Mehr dazu:
prportal.de: Banken kommunizieren in der Krise zu wenig

Und was sagt die Kommunikationswelt zur Finanzkrise?

Wenn ich derzeit einen Blick auf deutschsprachige Kommunikations-Blogs werfe, habe ich fast den Eindruck, alles wäre Business as Usual. Wir alle wissen wohl nicht so ganz, wie wir die aktuelle Situation einschätzen sollen, aber absolute Stille kann doch nicht die Antwort sein, gerade wo ansonsten immer  proaktives Kommunizieren als oberstes Postulat eingefordert wird. Und kaum ein Thema wirft zur Zeit mehr Fragen auf als die Finanzkrise.
Toni Muzi Falconi, italienischer PR-Berater mit Schwerpunkt Change-Management, schreibt bei PR-Conversations über die aktuelle Krise und sieht für Unternehmen jetzt nur zwei Entscheidungsmöglichkeiten:

  1. Die sichere Karte: Konsolidieren und Investitionen einfrieren. Die richtige Kommunikationsstrategie dazu ist ein Fokus auf das Reputation Management: Investition in das eigene Image, um die vorhandenen Stärken bei den Stakeholdern zu konsolidieren.
  2. Die riskante Karte: Die gegenwärtige Krise nur als Diskontinuität sehen und jetzt erst recht investieren. Die richtige Kommunikationsstrategie dazu ist Relationship Management, um die Stakeholder für eine gemeinsame Reise durch die Diskontinuität zu gewinnen.

Bei beiden Strategien geht es letztlich um den Aufbau von Vertrauen. Kein anderer Begriff wurde in den letzten Tagen im Zusammenhang mit der Finanzkrise so strapaziert. Die vielen leeren Worte dazu waren mir oft zu viel. Ich denke: Zu einem erfolgreichen Ziel führt nur, wenn dieser Begriff nicht bloß als irrationales Konzept begriffen wird.
Ebenso interessant: US-Blog-Consultant Debbie Weil machte einen Rundblick durch die Welt der Corporate Blogs und fragte sich: Wie sollten sie eigentlich auf die Wirtschaftskrise reagieren?
> Mehr dazu:
PR-Conversations: This current crisis – you have only one fiche to play
Medienlese – Sechsmal um den Blog: Sechs Blogs zur Finanzkrise
Debbie Weil: Corporate Blogs on the Economic Crisis
WirtschaftsBlatt: In der Krise bleiben Österreichs Unternehmen lieber stumm
Die Presse: Kann die PR in der Krise helfen?
Nachtrag:
Armin Thurnher schreibt im Falter 42/08: „Die allgemeinen Beschwörungen, nun sei auf dem Markt Vertrauen das höchste Gut, kann man nur mit Misstrauen quittieren. Gerade in Zeiten wie diesen ist nichts wichtiger. Der Fortschritt der Zivilisation wurde nicht durch Vertrauen ermöglicht, sondern durch Zweifel und Skepsis.“