Wer im Journalismus etwas zu erzählen hat, pilgert im März zumindest in seinen Gedanken nach Boston: Dort versammelt die Nieman Conference on Narrative Journalism alljährlich die international führenden Erzähljournalisten.
Den Anstoß gab vor neun Jahren Mark Kramer mit der Konferenz „Aboard the Narrative Train“. Er hatte mit Büchern wie „Three Farms: Making Milk, Meat and Money from the American Soil“ (1980) einen anderen Zugang zum journalistischen Schreiben aufgezeigt. Die rein objektive Berichterstattung wurde um erzählerische Elemente ergänzt. Um die wirkliche Realität zu beschreiben, sollten die persönlichen Erfahrungen von Menschen in den Mittelpunkt gerückt werden.
Seit 2001 ist Mark Kramer nun Direktor des „Nieman Program on Narrative Journalism“, zur Konferenz pilgern mittlerweile mehr als 1.000 Teilnehmer an die Harvard University in Boston.
Ende März 2008 bei der letzten Nieman Conference on Narrative Journalism fand ein Referent ein besonders positives Echo: Josh Benton, Kolumnist bei den Dallas Morning News mit seinem Beitrag „Blogging for a Story: Telling tales in a format designed for the info-nugget“. In seinem Vortrag fand er viele Gemeinsamkeiten zwischen Blogging und narrativem Journalismus.
- Beide vermitteln persönliche Beobachtungen und Emotionen, die im üblichen Nachrichtenjournalismus unter den Tisch fallen.
- Beide fesseln durch ihre Lebendigkeit und Authentizität ihre Leser.
- Bloggen hat für ihn aber einen entscheidenden Vorteil: Blogger publizieren dank der heutigen Technik quasi in Echtzeit, klassischer Erzähljournalismus braucht demgegenüber mehr Zeit und ist damit im Nachteil.
Ich möchte noch zwei Aspekte ergänzen:
- Zunächst einen weiteren Unterschied: Während Erzähljournalismus ein Plädoyer der langen Texte abgibt, sind Blogs Botschafter kurzer und mitunter auch oberflächlicherer Texte.
- Ein Problem teilen beide Formen: Die Qualität sachlicher Richtigkeit kann in beiden Formen zu kurz kommen. Social Facts lassen sich schwer nachprüfen und die eilige Blog-Schreibe führt nicht nur zu gehäuften Tippfehlern.
Interessant ist auch die Relation zum Storytelling – im Titel von Bentons Referat klingt sie bereits an. Storytelling ist eine Disziplin, die sich seit 2001 als neue Schule in der Unternehmensführung durchgesetzt hat. Und ziemlich rasch hat sie sich auch in der Politik als Methode etabliert. Christian Salmon zeigt das sehr anschaulich in einem Beitrag in der Monde Diplomatique.
Er zitiert darin den Drehbuchautor Robert McKee, der einen starken Grund für den Erfolg des Storytellings nennt: „Der Schlüssel zu den Herzen der Menschen ist die gute Geschichte.“ Daher erzählen heute viele Unternehmen die Geschichte des Unternehmens, um für Produkte zu werben. Denn ein Produkt lässt sich viel einfacher mit einer erzählten Erfolgsgeschichte verkaufen als mit der Beschreibung seiner Vorzüge.
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Coolepark.de zur Konferenz in Boston
Message-online.com zum Erzähljournalismus