Über Neuromarketing erschienen in der letzten Zeit viele Bücher. Markus Reiter untersucht in seinem Buch, was wir aus der Gehirnforschung speziell für das Halten von Reden und das Schreiben von Texten lernen können – inklusive so manchem Aha-Effekt: Jeder kennt zum Beispiel das Problem, dass ein Wort auf der Zunge liegt, aber nicht über die Lippen kommen möchte.
Priming – der Wort-Supermarkt im Kopf
Das führt direkt zum wichtigen Thema Primimg: Unser Gehirn speichert Wörter wie einem Supermarkt nach Themen geordnet. Unser Hirn hat es daher leichter, wenn ein Text in einem Wortfeld bleibt. Ebenso gilt: Durch positive Wörter werden positiv besetzte Wortfelder und angenehme Assoziationen aufgerufen. Aber Achtung: Zu viel Priming macht einen Text langweilig. Daher ist in Maßen gefragt, ungewöhnliche Wörter einzustreuen.
Klardeutsch beschäftigt sich auch mit der Konnotation von Wörtern. Es treten hier drei Gegensätze auf: gut gegen böse, schwach gegen stark und aktiv gegen passiv. Diese emotionalen Wertungen erfolgen primär im limbischen Gehirn, der Zugriff auf diese Areale geschieht willkürlich. Die sachliche Bedeutung ist demgegenüber in der linken Hemisphäre des Cortex angesiedelt. Interessant ist auch: Es macht einen Unterschied, wie geläufig ein Wort ist. Selbst gebildete Menschen haben bei seltenen Fachwörtern eine verzögerte Worterkennung.
Konkrete Texte erzeugen Neuronenfeuer
Außerdem zeigt sich, dass konkrete Begriffe deutlich mehr neuronale Aktivitäten erzeugen. Anhäufungen abstrakter Begriffe führen dazu, dass sich Zuhörer schon nach kurzer Zeit nicht mehr an einen Text erinnern können. Sinnvoll sind abstrakte Begriffe, wenn sich Zuhörer bewusst keine Vorstellung machen sollen. So mag es ratsam sein, von toxischen Emissionen anstatt von Giftausstoß zu sprechen. Eines ist jedoch wichtig: Die zentrale Aussage gehört immer in Worte gekleidet, die emotional positiv belegt sind.
Für mich als Texterin findet sich im Buch vieles, was ich bei meiner Arbeit schon des längeren beachte. Erinnern tut aber immer gut, vor allem aber ist es interessant zu erfahren, warum wir Texte und Wörter eben genauso aufnehmen und verarbeiten. Was mitunter zufällig erscheinen mag, folgt in Wirklichkeit klaren Regeln. Schließlich gefällt mir im Buch auch, dass Markus Reiter die Erkenntnisse der Hirnforschung selbst umsetzt – mit einem sehr schlüssigen Aufbau und einer Zusammenstellung der wichtigsten Aussagen je Kapitel.
Markus Reiter. Klardeutsch. Neuro-Rhetorik nicht nur für Manager
Carl Hanser Verlag GmbH & CO. KG, 2. Auflage 2010, 254 Seiten
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