So, nun ist es geschafft. Das erste Buch am Amazon Kindle 2 ist ausgelesen. „U is for Undertow“, der neue Krimi von Sue Grafton, hat wirklich einen Sog (engl. Undertow) entwickelt, bis alle 6710 Locations gelesen waren. Das Lesen ist mit dem E-Book-Reader definitiv anders. Buch-Seiten gibt es keine und umgeblättert wird per Knopfdruck. Es dauert, bis sich die neue Seite am elektronischen Papier aufbaut, das irritiert etwas.
Ansonsten: Das Lesen ist angenehm, bei fast allen Lichtlagen (außer im Dunkeln). Vielleicht gibt es auch einmal eine Version mit Licht, mit farbigem Display oder sogar mit Touchscreen, fragt sich die Nichtsahnende? Die Prioritäten von Amazon gehen aber offensichtlich in eine andere Richtung: Der neue Kindle DX hat jetzt ein deutlich größeres Display.
Das Konzept des Kindle ist schon in Ordnung, angefangen von der „frustration free packaging“ bis zum Format und Handling. Vor allem aber ist das Bestellen wirklich simpel. Kein Verbinden mit dem Computer oder extra Einloggen: Mit einer Taste ist man im Shop und mit einem Klick ist das gewünschte Buch bestellt und heruntergeladen – über das eigene Mobilnetz von Amazon, Whispernet. Da hat sich jemand intelligente Gedanken gemacht, wie sich erfolgreich viele Downloads von Büchern verkaufen lassen.
Und eigentlich auch von Zeitungen. Aber hier hat mich ein erster Test mit der FAZ wenig überzeugt. Anstelle des gelernten Überfliegens von Seiten gilt es hier, nach „Sections“ zu scannen. Das fand ich eher unübersichtlich und mühsam.
Bei Büchern wie bei Zeitungen gilt: Absolut vorherrschend ist englischer Lesestoff. Auf Deutsch gibt es bislang primär Wirtschaftsmedien und einige Klassiker der Literatur. Sicher wird es bald mehr in anderen Sprachen geben.
Aber ein Faktor wird bleiben: Der Kindle liefert ausschließlich Lesestoff. Das oft zitierte haptische Erlebnis eines Buches oder einer Zeitung wird durch kein neues, andersartiges ersetzt. Lesen wird reduziert auf das Aufnehmen von Buchstaben von einem Screen. Und genau das ist für mich ein wichtiger Antrieb, den gedruckten Medien noch eine Weile treu zu bleiben. Den Großteils meines Arbeitstages verbringe ich ohnehin vor Screens. Da ist die Entscheidung für ein Buch, zum Weiterlesen beim letzten Eselsohr und zum Umblättern der Papier-Seiten ein angenehmer Wechsel.
Und außerdem: Der Kindle ist wieder ein elektronisches Tool mehr. Handys mehrerer Generationen, ein iPod, dieses und jenes Gimmick, eine bunte Ansammlung von Kabeln und Adapter. Es ist schon einiger Aufwand, das jeweils nötige Zubehör zusammenzufinden und alle Geräte mit Strom zu versorgen. Die Tools veraltern enorm rasch. Ein Ipaq kostete einst eine Stange Geld – jetzt hat das schwere Teil genau gar keinen Wert. Wie lang hat es wirklich glücklich gemacht?