Gut oder gratis VI: Killt Gratiscontent die Meinungs- und Pressefreiheit?

6. und vorerst letzter Teil meiner Serie zu Gratis-Content online und offline, zu den Auswirkungen für Qualität sowie Informationsvielfalt und zu neuen Geschäftsmodellen für Medienunternehmen.

Der Trend hin zum kostenlosen Medienkonsum könnte langfristig gravierende Folgen haben. Message, die internationale Zeitschrift für Journalismus, zeigt, wie dadurch die Werte der Medien- und Pressefreiheit untergraben werden. In der ersten Ausgabe 2008 erschien ein Beitrag der Journalistin Bree Nordenson (ursprünglich veröffentlicht bei Columbia Journalism Review).

Sie beschreibt in ihrem Artikel zunächst, wie explosionsartig sich Zeitungen in den 1970er Jahren entwickelten – sie wurden damit zu einer der attraktivsten Kapitalanlagen und viele Zeitungsverlage notierten schließlich an der Börse.

Nun hat sich die Situation geändert. Viele Mainstream-Medien kürzen bei den Redaktionen, um ihre Gewinnspannen aus der Vergangenheit halten zu können. Es entsteht ein Konflikt zwischen den privaten Medien und ihren öffentlichen Aufgaben, die sie immer weniger erfüllen können, ohne zugleich ihren wirtschaftlichen Eigeninteressen zu schaden.

Nordenson schreibt: „Medienprodukte sind deshalb außergewöhnlich, weil oftmals zwei sehr unterschiedliche Abnehmer für die Vermittlung von Medieninhalt an ihr Publikum bezahlen. Mit anderen Worten: Das Medienunternehmen verkauft erst Produkte an die Leserschaft und dann die Leser an die Anzeigenkunden. Durch das Modell der kostenfreien Inhalte in den meisten Online-Nachrichtenquellen sind die Leser weniger denn je bereit, Abonnementgebühren zu zahlen. Das macht die Presse – gedruckt wie online – noch abhängiger vom Anzeigengeschäft. Das Ergebnis: Oft sind die Medien gezwungen, verstärkt Leser an Anzeigenkunden zu verkaufen anstatt Journalismus an die Leser.“

Für Nordenson gibt es nur einen Ausweg aus dieser Situation: Der Staat muss den Journalismus vor dem Druck des Marktes schützen – und sie stellt dazu einige Förder-Modelle aus europäischen Ländern vor. Ihr Ansatz findet gerade in den USA naturgemäß wenig Befürworter. Das Grundproblem jedoch gilt es in Europa wie in Amerika zu lösen: Wie können Medien trotz Abhängigkeiten von öffentlicher Seite oder wirtschaftlichen Interessen ihre gesellschaftspolitische Aufgabe erfüllen?

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